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A110 1600S Gr. 3 "Lightweight 1972"

Aktualisiert: 17. Mai


HISTORY


LEICHTBAU STATT HUBRAUM - DIE SEELE DER A110 1600S Gr. 3


Die Alpine A110 1600S Gr. 3 – Rennsport für Idealisten

 

Es war nie die reine Kraft, die den Reiz dieser Maschine ausmachte. Keine dicke Backe, kein PS-Gehabe, kein lärmender Übermut. Die Alpine A110 1600S in Gruppe 3-Ausführung war eine andere Art von Sportgerät – subtil, scharf, leicht. Und sie war wie geschaffen für Fahrer, die mehr mit dem Herzen als mit dem Portemonnaie unterwegs waren.

Ein Werksbolide? Nein. Vielmehr der kompromissbereite Sportwagen für den engagierten Privatfahrer – für jene, die sich dem Rennsport mit ehrlicher Hingabe näherten, nicht mit Millionenbudgets. Die 1600S Gr. 3 war kein martialisches Ungetüm, sondern ein feinfühliges Präzisionsinstrument. Kein Sprint aus roher Kraft, sondern ein Tanz über die Ideallinie.

Fast Serienzustand – aber mit Charakter

 

Optisch blieb sie zurückhaltend. Auf den ersten Blick unterschied sie sich kaum von einer straßenzugelassenen Berlinette – charmant, kompakt, vertraut. Doch wer genauer hinsah, wer mit der flachen Hand über Haube, Tür oder Dach strich, spürte es: Hier war Gewicht kein Selbstzweck, sondern Religion. Glasfaser statt Stahl. Gefühl statt Gewalt.

Ein präparierter Rennmotor unter der federleichten Hülle brachte Leben ins Spiel – nicht übertrieben stark, aber giftig, wenn man ihn forderte. Die Getriebeübersetzung war konsequent auf den Einsatzzweck abgestimmt.

Knackig, eng, präzise. Alles an ihr forderte den Fahrer – und belohnte ihn bei jeder beherzten Kurve, bei jedem präzisen Schaltvorgang. Reduktion aufs Wesentliche

 

Auch die Sicherheitsausstattung folgte der Logik der Funktion: Überrollbügel, 4-Punkt-Gurte, ein Batterietrennschalter – einmal am Armaturenbrett, einmal am vorderen Kotflügel platziert – markierten das Maß der Dinge.

Kein überflüssiger Zierrat, keine Show. Nur das, was zählt.

 Der Fahrersitz? Meist schon ab Werk gegen einen kompromisslosen Schalensitz von Mod Plastia ersetzt – pur, eng, ehrlich - nicht jeder war befugt, im engen Cockpit Platz zu finden. Der Beifahrersitz hingegen blieb oft serienmäßig.

Das Ergebnis: ein Innenraum wie eine Collage – asymmetrisch, aber ausdrucksstark. Ein Sitz für den Kampf, einer für die Fahrt zurück nach Hause. Vier Gelbe für ein Halleluja!

 

Unvergesslich bleibt das Bild: Vier Alpine A110 1600S Gr. 3 in einem satten Gelbton, aufgereiht wie an einer Perlenschnur, wartend auf ihren Einsatz. Der Schweizer Importeur hatte offenbar eine Vorliebe für diese Farbe und ließ seinen Kunden wenig Spielraum bei der Wahl. Wo sonst Blau dominierte, glänzte hier das gelbe Signal des Andersseins.

Das zweite Fahrzeug von rechts – das bin ich.

Slalom in Frauenfeld, Schweiz. Der Asphalt nass, die Luft elektrisch. Jeder Meter eine Liebeserklärung an die Philosophie der Leichtigkeit. Jeder Ritt durch die Pylonen ein Manifest gegen die Gigantomanie. Keine Lärmorgie, keine Gewalt –

nur Präzision, Leidenschaft und ein Fahrgefühl, das süchtig macht.





TRACKDAY HOCKENHEIM

JULI 1981


SCHWESTERN IM GEISTE


Ein Roadmovie der besonderen Art

Ein Bild, das einem das Herz wärmt: Zwei Gefährtinnen, vereint auf Zeit, auf großer Fahrt ins Ungewisse – eine Renault Estafette, müde dreinblickend, aber treu wie ein alter Freund und auf ihrem Rücken die kecke Alpine, voller Tatendrang, bereit für die große Bühne von Hockenheim.

Fast hört man sie seufzen, die Estafette der dritten Generation, wenn sie mit ihren knapp 70 PS aus 1.289 cm³ tapfer den Zürcher Speckgürtel hinter sich lässt – ihre Last ist leicht an Gewicht, doch schwer an Geschichte. Es war bestimmt kein Spaziergang, dieser Weg nach Norden. Doch sie fuhren, weil man früher fuhr, einfach so - weil Leidenschaft keine Frage der Logistik war.

 

Ein Anblick wie aus einem vergilbten Fotoalbum – und dennoch so lebendig. Man spürt das Brummen, riecht das Benzin, fühlt den Fahrtwind durch das geöffnete Fenster der alten Busfahrertür. Ein Duo, das Blicke auf sich zog – damals wohl ebenso wie heute. Und in dieser ungleichen Allianz liegt Magie, eine berührende Mischung aus Pragmatismus und Poesie, aus Werkstattduft und Rennfieber.

 

Ob sie den Roadtrip ohne Panne überstanden haben? Es ist nicht überliefert und vielleicht ist gerade das das Schöne daran. Was bleibt, ist das Bild zweier ungleichen Schwestern im Geiste. Die eine bucklig und bieder, die andere rassig und rebellisch – aber gemeinsam unterwegs. Zusammen aufgebrochen, zusammen angekommen.

Die Alpine jedenfalls zeigte auf dem Hockenheimring, wozu sie gebaut war: Kurvenhunger, Leichtigkeit, Lebensfreude auf Rädern. Und ihr Fahrer? Der grinste wahrscheinlich noch, als der Motor längst verstummt war.




SEARCH AND RESCUE

SCHEUNENFUND

APRIL 2019


Schon auf den ersten Blick wirkt sie wie ein stummer Magnet, der das Herz unwillkürlich gefangen nimmt. Das matte Gelb hat nichts von seiner ursprünglichen Leuchtkraft eingebüßt, der samtige Glanz ihres Erstlacks erzählt Geschichten von vergangenen Tagen. Ihre Narben – Macken, Kratzer, Bläschen – wirken fast wie alte Runen, geheimnisvoll und voller Bedeutung, Zeugen einer langen, still erduldeten Leidenszeit.

 

Doch die erste Verliebtheit weicht schnell einem nüchternen Erwachen. Tritt man einige Schritte zurück, scheint sie bereit, jeden Moment zu neuem Leben zu erwachen, die Straße zu erobern. Doch je näher man ihr kommt, desto deutlicher zeigt sich die Wahrheit. Schwächen, Altersschwächen, die den Traum von einer spontanen Spritztour tief in die Ferne rücken.

Über drei Jahrzehnte verbrachte sie ihr Dasein an einem falschen Ort – ausgemustert Mitte der Achtziger, in einer staubigen Scheune notdürftig abgestellt, von der Welt vergessen, ihrem Schicksal überlassen. Über 35 Jahre lang ruhte sie dort, unbewegt, während die Feuchtigkeit wie unsichtbare Hände an ihr zehrte.

Die Außenhaut ist übersät mit kleinen Bläschen, jene stillen Male, entstanden durch Feuchtigkeit unter dem gelben Lack, die das Leben im Glasfasergewebe schmälern. Der Chromschmuck trägt rostige Tupfen wie Tränen vergangener Zeiten. Ein Blick unter den Wagen bestätigt, was die Oberfläche schon vermuten ließ: Rost in Hülle und Fülle, fest sitzende Mechanik und ein Gewebe, das die Jahre nicht unbeschadet überstanden hat.

 

Diese betagte Dame verlangt nach mehr als Reparatur – sie verlangt nach Liebe, nach Fürsorge, Zuwendung, der sanften Hand, die ihre Seele wieder zum Klingen bringt. Denn in ihrem Herzen schlägt das Versprechen von neuem Glanz,

von fahrbarer Freiheit und dem Zauber vergangener Zeiten, der nur darauf wartet, neu entfacht zu werden.



BLOOD SWEAT & TEARS


DEMONTAGE

MAI 2019


Nein, es war keine Liebe auf den ersten Blick – vielmehr eine zarte Annäherung, Schritt für Schritt, ein vorsichtiges Erkunden, das Zeit brauchte, um zu wachsen. Monate des Nachdenkens, zwei Besuche, bis ich mich schließlich dem verführerischen Charme der Französin mit Schweizer Wurzeln hingab. Sie übergab sich mir, bereit für ihre Schönheitskur, für das Aufblühen unter meinen Händen.

 

Im Vergleich zu all den Restaurierungen der letzten Jahre schien dieses Vorhaben ein Kinderspiel – so dachte ich zumindest anfangs. Relativ gesehen war der Aufwand tatsächlich weniger als bei einer kompletten Body-Off-Restauration. Doch kaum hatte ich begonnen, offenbarte sich mehr als nur die Oberfläche: verborgene Schwachstellen, kleine Leiden, die mehr Zeit forderten als gedacht. Der Weg zur Vollendung dehnte sich geduldig aus.

 

Zu Beginn wurde das Chassis samt Fahrwerk, Motor und Getriebe einer behutsamen Reinigung mit Trockeneis unterzogen – eine fast schon zärtliche Berührung, die alten Schmutz von neuen Träumen löste. Dann folgte die komplette Demontage, Motor und Getriebe wurden vorsichtig zerlegt, überprüft und überarbeitet. Defekte am Unterboden wurden mit Glasfasermatten behutsam repariert, jedes Anbauteil erhielt neue Aufmerksamkeit und Liebe.

Der Erstlack, jene unverwechselbare Hülle mit ihrer einzigartigen Patina, sollte unberührt bleiben – sie ist das kostbare Gedächtnis ihrer Geschichte, das Herz, das wir nicht brechen wollten.



REMONTAGE


VERSTECKSPIEL


Die Originalität dieser 1600S war wie ein kleines Wunder, eine Zeitkapsel aus vergangenen Tagen. Jedes Detail saß an seinem angestammten Platz, als hätte die Zeit selbst hier stillgestanden. Keine falschen Eingriffe, kein wilder Bastelwahn, keine unbedachten Veränderungen – ein ehrliches, unverfälschtes Zeugnis der Geschichte.

 

Eine Berlinette, vergessen in einer Scheune – das klingt nach Gefahr, nach Standschäden und Verfall. Doch gerade darin lag ihr Glück. Sie entkam den gierigen Händen der Tuner, den allzu kreativen Bastlern und Customizern, die oft mehr zerstören als bewahren. Ein Versteckspiel mit dem Schicksal, bei dem die Zeit ihr Verbündeter war.

 

So bewahrte sie ihre Seele, ihre Unversehrtheit – ein stiller Schatz, der darauf wartet, neu zum Leben erweckt zu werden.



BACK ON TRACK

HELLO MRS. SUNSHINE

AUGUST 2020


Wie eine Königin auf Landpartie rollt sie durch die Sommerlandschaft, begleitet von einem Meer aus Sonnenblumen,

die sich wie treue Bewunderer dem leuchtenden Gelb ihrer Karosserie zuwenden.

Es ist, als würde die Natur selbst den Atem anhalten, um ihr zu huldigen – Wälder, Felder und Blumenwiesen scheinen eigens für sie erschaffen, so innig verschmilzt sie mit ihrer Umgebung.

 

"Mrs. Sunshine" trägt das Licht in sich – nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Patina. Risse und Fältchen auf ihrer Oberfläche erzählen Geschichten wie Lachfalten eines Gesichts, das das Leben kennt. Ihr Antlitz zeugt von Erfahrung, von Abenteuern, von einer Vergangenheit, die man fühlen kann.

 

Und obwohl die Zeit an ihr gearbeitet hat, ist ihre Anziehungskraft ungebrochen. Mehr noch, sie hat Tiefe gewonnen. Reif und voller Anmut zieht sie die Blicke auf sich, nicht wie ein flüchtiger Flirt, sondern wie eine alte Liebe, die nie verblasst ist.

 



GET OUT AND DRIVE

GELB - DAS NEUE BLAU


Man sagt, Jean Rédélé habe sich dem „Bleu de France“ verschrieben – jener edlen Rennfarbe, die Frankreich auf den Pisten dieser Welt repräsentierte. Und so kennen wir sie, die Alpine A110, als blaues Geschoss, das Kurven fraß, Bergrennen bezwang und in den Ruhmeshallen des Motorsports ihren Platz fand. Blau wie das Meer, wie der Himmel über Monte Carlo – eine Legende in Lack gegossen.

 

Doch jenseits der Rennstrecken zeigte sich Rédélé großzügig, offen für Vielfalt, für Farbe, für Charakter.

Den Serienfahrzeugen gestattete er ein farbenfrohes Leben, schenkte ihnen ein Kleid nach Wahl. Und sie kamen: orange, leidenschaftlich rot, reinweiß und auch in sonnigem Gelb. Mutige Kunden wählten das Unkonventionelle und ließen ihre Berlinette im Licht der Sonne erstrahlen.

Doch die Zeit forderte ihren Tribut. Viele dieser bunten Schönheiten fielen später der Konformität zum Opfer – umlackiert, um dem blauen Mythos gerecht zu werden. Und so dominieren heute die Nuancen des Blaus, als sei es das einzig wahre Gewand.

 

Doch halt – sieh sie dir an, in Gelb! Wie sie leuchtet, wie sie tanzt im Licht! Ist sie nicht ebenso hinreißend?

Vielleicht sogar freier, wagemutiger, lebendiger?

Ein Sonnenstrahl auf Rädern und plötzlich wirkt Blau beinahe wie Vergangenheit.

Denn manchmal ist das Neue nicht laut, sondern einfach nur gelb.



CAR IN DETAIL

SIE FUNKELT WIE SONNENSCHEIN


Sie funkelt nicht wie Chrom, nicht wie frisch polierter Lack – sie funkelt wie Sonnenschein: warm, ehrlich, lebendig.

Ein Glanz, geboren aus Geschichten, nicht aus Maschinen.

 

Der Batterie-Trennschalter auf dem vorderen rechten Kotflügel, ein Zeichen ihrer Bestimmung.

Die gelben CIBIE IODE-Nebellampen, wie goldene Augen, bereit, sich durch Nebel und Nacht zu kämpfen.

Und die beiden unterschiedlichen Sitze, Zeugnisse gelebter Individualität, wie zwei Charaktere in einer Geschichte,

die sich nicht gleichen müssen, um zusammenzugehören.

Die für die A110 typischen Monoblock-Gussfelgen, gefertigt in uralter Sandgusstechnik, erzählen in ihrer rauen Patina von Hitze, von Asphalt, von Bewegung. Kein Glanz, kein Blendwerk – nur pures Material, roh und echt.

Ihre Oberfläche ist wie trockene Erde nach einem Sommertag – stumpf, aber voller Leben. Viele übermalen sie, doch Puristen wissen, wahre Schönheit braucht keine Farbe.

Und dann sind da diese verblichenen Aufkleber – vergilbt, verwittert, ein wenig schief und doch voller Zauber.

Wie Postkarten aus einer anderen Zeit haften sie an ihrem Blechkleid, vervollständigen das Bild einer Heldin,

die nie gefallen ist, weil sie nie aufhörte, sie selbst zu sein.

 

Diese Karosserie trägt keine Perfektion – sie trägt Geschichte. Und keine noch so talentierte Hand eines Lackierers könnte je ein solches Gedicht aus Patina, Farbe und Erinnerung schreiben.

Denn was hier glänzt, ist nicht der Lack – es ist die Seele.

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