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A110 1800 Gr. IV "Alpenfahrt 1973"

Updated: Jul 24, 2023


FACTORY CAR "USINE"


 

HISTORY

 

FIA RALLYE WELTMEISTERSCHAFT 1973


Quelle: Renault Revue 1973


DIE BLAUEN REITER


Erstmalig in 1973 wurde insbesondere auf Druck von Fiat und Alpine Renault von der FIA eine Rallye Weltmeisterschaft ins Leben gerufen. Alpine Sportchef Jacques Cheinisse versammelte einen exquisiten Kreis französischer Rallye Stars, um mit den Alpine Berlinetten die Welt zu erobern. Insgesamt 13 Prüfungen galt es zu bewältigen, wovon Alpine Renault lediglich 10 mit Ihren Berlinetten beschickte. Bernard Darniche, Jean-Luc Thérier sowie Jean Pierre Nicolas waren die Hauptakteure am Volant für Alpine. Unterstützt wurden diese auf heimischen Terrain von Jean Francois Piot, Jean Claude Andruet sowie Ove Andersson. Beginnen sollte das Spektakel im Januar mit der Rallye Monte Carlo, gefolgt von der Schweden, East African Safari, Akropolis, österreichische Alpenfahrt sowie der RAC Rallye in Großbritannien, um nur einige zu nennen.

Insgesamt 17 Werksfahrzeuge wurden von Alpine Renault im Jahre 1973 präpariert und auf die Piste geschickt, um die erste Rallye Weltmeisterschaft der Konstrukteure zu gewinnen.

Das Fahrzeug mit dem damaligen französischen Kennzeichen 9846HL76 war eines dieser 17 Fahrzeuge, mit welchem Jean-Luc Thérier und Jean-Pierre Nicolas um die Krone der Rallye Weltmeisterschaft kämpften.

Am Ende werden die Bemühungen von Alpine Renault von Erfolg gekrönt, die Alpine Armada gewann 6 der 10 Rallyes, bei denen sie an den Start gingen und die „blauen Reiter“ holten die Rallye Krone mit deutlichem Abstand zur Konkurrenz nach Frankreich.


 

FIA RALLYE WELTMEISTERSCHAFT 1973

POLEN RALLYE 1973

12.-15. JULI 1973


XXXIII RAJD POLSKI


Die Polen Rallye von 1973 geht als eine der wohl härtesten WRC-Rallyes in die Geschichte ein. Von 62 Autos am Start wurden nur drei im Ziel gewertet. Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf offenen Straßen zwischen den Wertungsprüfungen lag teilweise bei über 120 km/h. Die 3912 km lange Strecke mit 55 Sonderprüfungen über insgesamt 734 km war besonders hart, da sie kurz nach den großen Überschwemmungen in Polen stattfand und viele Straßen entweder gesperrt oder stark beschädigt waren. Sowohl die Autos, als auch die Fahrer, mussten Wunder vollbringen, um innerhalb des Zeitlimits zu bleiben. Nur sechs Autos schafften es ins Ziel und nur drei von ihnen blieben innerhalb des vorgegebenen Limits. Achim Warmbold gewann mit einem Vorsprung von 2 Stunden 47 Minuten vor dem zweiten Auto.

Quelle: SLOWLYSIDEWAYS







Jean-Luc Theriér


Wenigen Fahrern wurde von ihren Konkurrenten so viel Respekt entgegengebracht und noch weniger waren allgemein so beliebt wie Jean-Luc Thérier. Auch Thérier war einer jener Fahrer, die im Schoß der großartigen Alpine-Renault-Mannschaft, die diesen Sport Anfang der siebziger Jahre dominierte, gediehen und groß gemacht wurden. Am Steuer der flachen Berlinette war er immer der spektakulärste Fahrer, weil er das Übersteuern liebte, das häufige Training hingegen hasste und weil er der Ansicht war, daß die Fahrerei vornehmlich Spaß machen sollte.

Ein Hochseilartist, dessen außerordentliche Voraussicht Improvisieren zum Kinderspiel machte. Thérier war auf Schotter genauso zuhause wie auf Schnee oder Asphalt, dem bevorzugten Terrain französischer Rallyepiloten. Den Beweis lieferte er 1970, als er als 25jähriger kurz hintereinander die San Remo und die Akropolis Rallye gewann. Thérier war einer der Stars des Teams, das als „Die drei Musketiere“ bekannt wurde und 1973 für Alpine-Renault die Marken-Weltmeisterschaft holte.

Falls es damals auch schon eine Fahrerwertung gegeben hätte, wäre Thérier der erste Weltmeister in der Rallyegeschichte geworden. Ein freundlicher Kumpan, witzig und charmant, ein Feinschmecker und Partylöwe, blieb Thérier Renault über lange Zeit treu, ehe er Ende der siebziger Jahre eine glücklose Zeit bei Toyota verbrachte. Als er seinen Ruf in Frankreich wiederhergestellt hatte und ein WM-Comeback in Sicht war, bremste ihn einmal mehr das Schicksal aus. Als er gerade dabei war, mit einem kleinen Citroen Visa 1000 Pistes bei der Wüstenrallye Paris-Dakar die Führung zu übernehmen, überschlug er sich und verletzte sich so sehr, dass ein Arm vollständig gelähmt blieb. Das war 1985, er war noch nicht einmal 40 Jahre alt. Seitdem kämpfte er gegen Pech, Kummer, Anwälte und Gerichtsvollzieher. Die Folgen des Unfalls hat er physisch wie psychisch nie überwunden. Am 31. Juli 2019 ist er in seinem Heimatort Neuchâtel-en-Bray in der Normandie im Alter von 73 Jahren gestorben.



© Grzegorz Chyla, András Fekete


SCHLAMMSCHLACHT

Jean-Luc Theriér dominierte die Saison 1973 und fuhr die Hälfte aller Alpine Siege ein. Mit begnadetem Talent und meist ohne Training dominierte er die Konkurrenz mit seinem spektakulärem Fahrstil auf jeglichem Terrain.

Hinter Warmbold lag Thérier lange auf dem zweiten Platz, bis Mahé auf der 50. Wertungsprüfung aufgrund Übermüdung den Start eine Sonderprüfung verwechselte. Theriér ließ sich jedoch nicht aus dem Konzept bringen und gab seiner Berlinette auf den letzten 6 Sonderprüfungen die Sporen. Mit über 30 Minuten Vorsprung vor Warmbold am Ziel angekommen, wartete jedoch leider nur die Disqualifikation auf das Team Theriér/Mahé.


„YOU CAN`T MAKE A SAFARI HERE, POLAND IS NOT AFRICA“


Eines der 17 Fahrzeuge, welche Alpine Renault für die Rallye WM 1973 präparierte, trägt die Registration 9846HL76 und sollte bei der 7. Prüfung der laufenden Rallye WM – der Polen Rallye - erstmalig zum Einsatz kommen. Im neuen Kleid der Regie Renault sollte die A110 ab jetzt in hellblau mit allerlei Farb-Applikationen auf den Rallyepisten glänzen. Jean Luc Thérier und Alain Mahé machten sich auf zur „Jungfernfahrt“ der 9846HL76, nicht ahnend sich an einer der härtesten Rallyes zu beteiligen, die Europa damals seit langem gesehen hatte.

Die Polen Rallye war zu viel des Schlechten – sie ging durch Ihre chaotische Organisation und ihre grausame Rallye Route in die Geschichte dieser Rallye WM ein.



 

FIA RALLYE WELTMEISTERSCHAFT 1973

ÖSTERREICHISCHE ALPENFAHRT 1973

12.-16. SEPTEMPER 1973



1973 war die «Österreichische Alpenfahrt» Teil der Rallye-Weltmeisterschaft. Der Name Alpenfahrt lässt vermuten, dass die Rallye in den Bergen stattfand. Dem ist nicht so. Die Rallye wurde 26 Kilometer südlich von Wien gefahren bei Baden. Die Rallye umfasste 31 Wertungsprüfungen mit einer gefahrenen Distanz von 324,5 Kilometer.

Lediglich 2 Werks-Berlinetten wurden in das Alpenland entsandt – Theriér bat um eine Auszeit und wollte zur gleichen Zeit die Tour de France im eigenen Land bestreiten. So nahmen Bernard Darniche / Alain Mahé in der 6996HM76 diese Rallye in Angriff – ihre 1800er trug die Startnummer 2. Die 9846HL76 mit der Startnummer 11 wurden von Jan Pierre Nicolas und seinem Beisitzer Michel Vial übernommen.


©McKlein


Jean Pierre Nicolas

Er erhielt im Alter von 23 Jahren einen Vertrag als Werksfahrer bei Alpine Renault. Fortan war er einer der „drei Musketiere“, welche Alpine Renault zum Sieg in der Rallye WM 1973 verhelfen sollte. Nach einem 2. Platz bei der TAP Rallye in Portugal, konnte er die legendäre Tour der Corse 1973 für sich entscheiden.


Jean-Pierre Nicolas ist praktisch mit dem Auto groß geworden, da sein Vater Georges eine Werkstatt besaß und als Rallyefahrer gelegentlich am Steuer von Werks-Renaults saß. Jean-Pierre hatte kaum das nötige Mindestalter erreicht, als er schon auf dem Beifahrersitz seines Vaters saß, und bei der letzten Liège-Sofia-Liège fuhr er erstmals selbst einen Werkswagen (Renault 8 Prototyp). Da war er 19 Jahre alt. Danach hatte er das Glück, als aufstrebendes Talent, zusammen mit Thérier, Andruet und anderen, von Jacques Cheinisse in das aufstrebende Alpine-Team berufen zu werden. Cheinisse brauchte dringend Fahrer, bevorzugt Franzosen, und er vertraute auf die Vorzüge der Jugend. Im Alter von nicht einmal 23 Jahren unterschrieb Nicolas seinen ersten Vertrag als Werksfahrer bei Alpine-Renault.

Der ausgelassene, etwas rundliche Südländer galt in dem französischen Team lange Zeit als „letzte Rettung“. Er war vielleicht kein so ausgesprochener Sprinter wie seine Teamkollegen, aber zu Zeiten, als Durchhaltevermögen im Rallyesport noch etwas wert war, konnte man immer auf ihn zählen. Er siegte unter anderem in Portugal und Marokko.

So wie Thérier zahlte auch Nicolas einen hohen Preis für seine Loyalität zu Renault. Er mußte sich bis 1978 gedulden, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, schaffte dies dann aber auf eindrucksvolle Weise. Er gewann die Rallye Monte Carlo, die Safari und die Rallye Elfenbeinküste im selben Jahr. Seine Fahrerkarriere beendete er mit der Weiterentwicklung von Peugeot`s großartigem Gruppe-B-Auto, dem 205T16, zu höchster Wettbewerbsfähigkeit. 1985 hat er bei Peugeot die Abteilung Kundensport übernommen und setzt seitdem seinen ganzen Ehrgeiz daran, Peugeot wieder auf höchstem Niveau in den Rallyesport zurückzuführen.


©McKlein


©McKlein


QUERELEN UND PROTESTE

Nach den Tortouren der Polen Rallye wurde die 9846HL76 einem umfassenden technischen Service unterzogen. Sie erhielt den neu revidierten Motor Mignotet No. MS 19, welcher bereits bei der Rallye Monte Carlo und der Rallye TAP in einem Schwesterfahrzeug seinen Dienst verrichtete. Zudem bekam Sie einen speziellen Luftfilter, um die Ansaugluft aus dem Fahrzeuginneren dem Antriebsaggregat zuzuführen. Ein leichter Unterfahrschutz der Akropolis Rallye war ebenfalls Bestandteil der Revision.

Nach allerlei Querelen und Protesten um die Blockadeaktion von Alpine-Rennleiter Jaques Cheinisse, pilotierte Jean Pierre Nicolas die 9846Hl76 auf den 5. Gesamtrang. Bernard Darniche gelang der Sieg auf seiner Werksalpine nach atemberaubendem Finish mit lächerlichen 1,1 Sekunden auf den zuvor weit in Führung gelegenen Saab von Per Eklund.



 


RETURN TO THE ALPS 2014



 

FIA RALLYE WELTMEISTERSCHAFT 1973

RAC RALLYE 1973

17.-21. NOVEMBER 1973



RALLYE VON GROßBRITANNIEN


Der Hauptgrund für die Popularität der RAC-Rallye – sie zieht mehr ausländische Teilnehmer an als jede andere Motorsportveranstaltung der Welt. Das Straßennetz durch die Staatswälder, diese ausgeklügelten Straßen, deren Wölbungen darauf hindeuten, dass sie eher für schnelle Rallyeautos als für tuckernde Holzlaster gedacht waren, sind ideal für den Sport. Obwohl exotische Veranstaltungen wie die Safari ihre eigene Anziehungskraft haben, setzen sowohl Amateure als auch Profis ausnahmslos die RAC Rally ganz oben auf ihrer Prioritätenliste. In den letzten zwei, drei Jahren jedoch, wurde die Rallye von ihrer eigenen Popularität bedroht. Das aufregende Spektakel der weltbesten Fahrer, die ihr Können auf unbefestigten Straßen zeigen, hat die Veranstaltung von einer Veranstaltung, die vor etwa zehn Jahren nur von hartgesottenen Enthusiasten verfolgt wurde, zu einer Veranstaltung gemacht, die mehr Zuschauer anzieht als jede andere Sportveranstaltung.

Organisatorisch kann die Rallye noch nicht mit der marokkanischen, den österreichischen Alpen oder den Tausend Seen mithalten, aber sie war eine enorme Verbesserung gegenüber den Vorjahren.








RIEN NE VA PLUS


Nachdem die 9846HL76 Anfang Oktober 1973 auf dem Pariser Autosalon ausgestellt wurde, entsandte sie Jacques Cheinisse zusammen mit der 2462HN76 in das beschauliche Städtchen York nach Großbritannien zur Teilnahme an der RAC Rallye. Jean Luc Theriér hatte mit der Start Nummer 3 zwar alles im Griff, aber England sollte für die Regie Renault kein günstiges Terrain bieten. Mechanische Schwächen zwangen Alpine Renault, die hoch gesteckten Ambitionen zurückzunehmen.

Aus Sicht von Thérier ist die Geschichte der RAC daher schnell erzählt. Mit gebrochenem Verteilerantrieb musste Thérier seine Berlinette aussichtsreich im Rennen liegend vorzeitig abstellen. Nicolas sollte am Ende dieser Rallye mit der 2462HN76 den 5. Gesamtrang belegen.


©McKlein

©McKlein,


 

ZEITES LEBEN IN UNGARN

 

Attila Ferjáncz

Attila Ferjáncz (12. Juli 1946 - 23. April 2016) war ungarischer Rallyefahrer. Er gewann die ungarische Rallye-Meisterschaft von 1976 bis 1982 und 1985 und 1990.

„In Ungarn hieß diese besondere Alpine „böser Frosch“ und er war wirklich böse – eine Fahrt mit dieser Alpine war manchmal gefährlich. Leider habe ich diese Alpine viel zu spät bekommen, um z.B. gegen Roser und Thérier konkurrenzfähig zu sein. Als Roser 1969 mit seiner Berlinette München-Wien-Budapest gewann, fuhren wir noch auf R8 Gordini.“

© István Falus


© András Fekete


HINTER DEM EISERNEN VORHANG

Patrick Landon, verantwortlich bei Renault für die Ostblockländer, verkaufte die 9846HL76 am 26. März 1974 nach Ungarn. Dort begann für die 9846HL76 ihr zweites Leben und sie blieb eine der ganz wenigen Werkswagen, welche Frankreich seiner Zeit verließen. Fortan trug sie unter dem neuen Eigentümer „Team VOLAN“- einem großen ungarischen Transportunternehmen - das Kennzeichen AU-7683. Eine feste Größe im Rallyesport des Ostblocks sollte er mit ihr noch viele Siege einfahren – Attila Ferjáncz. Bereits auf Renault 8 Gordini wurde er ungarischer Rallye Champion 1968 + 1969.

Vor den im Ostblock gängigen Rallyewagen wie Lada, Skoda oder Wartburg, erschien diese Werks-Berlinette aus Frankreich fast wie von einem anderen Stern. Im April 1974 zwängte sich Attila Ferjáncz erstmalig in das enge Cockpit der ehemaligen Werksalpine.


 


7. Rally dell'Isola d'Elba 1974

18. 4. – 20. 4. 1974


RALLYE DEBÃœT IN ITALIEN

Probleme mit der Elektrik sowie einem defekten Anlasser machten bei der Rallye Elba 1974 einen Serviceeinsatz bei Berti Dino nötig. Am Ende kam das Team Ferjáncz – Zsembery bei Ihrem Debüt auf einen respektablen 14. Gesamtrang.









© Antonio Biasioli, András Fekete, Actualfoto IT



SISTERS IN CRIME

Im Bild links neben der AU-7683 (Nr. 9) die Berlinette 1800 Gr. IV der Gebrüder Takov (Nr.12) aus Bulgarien. Die beiden einzigen 1800er Werks-Berlinetten, welche von der ALPINE Rennsportabteilung in den Ostblock ausgeliefert wurden und jenseits des eisernen Vorhangs die Rallye Szene bereicherten. Beide Fahrzeuge fanden fast 40 Jahre später ihren Weg nach Deutschland und ihr Revival bei alpineLAB.



VOLLES HAUS

Das Zuschauerinteresse am Rallyesport im Ostblock war Anfang der 70er Jahre überwältigend, wie diese Aufnahme eindrucksvoll bestätigt. Viele Zuschauer wollten einen Blick auf die vorbei rasenden Boliden erhaschen und drängten sich am Rande der Strecke, oder an den angrenzenden Tribünen und Parkhäusern um die besten Plätze.

© Robert Szombati, Nikolay Krazalev


 

METARMORPHOSE

Ein dunkles Kapitel beginnt für die geschichtsträchtige Werksalpine, nachdem sie auf den Rallyepisten nicht mehr konkurrenzfähig war. In den späten Siebzigern verabschiedete sich die AU-7683 aus der Rallye Szene und eine Hand voll Privatiers sollten sie nun vornehmlich bei Bergrennen pilotieren. Zuletzt fiel die ehemalige 9846HL76 in die Hände eines Ex-Mechanikers des Team VOLAN, welcher das Fahrzeug massiv modifizierte.

Unter den Händen diverser Besitzer, sollte sich das Erscheinungsbild nahezu jährlich verändern und die ehemalige 9846HL76 erlebte eine wahre Metamorphose.



 

SEARCH AND RESCUE

 

SCHROTTPLATZFUND

JULI 2008


ERLÖSUNG

Obwohl der Verkauf der 9846HL76 im März 1974 nach Ungarn unter Insidern kein Geheimnis darstellte, galtdas Fahrzeug lange Zeit als verschollen – gar wurde sie in diversen Publikationen in Deutschland vermutet. Das Fahrzeug verblieb jedoch all die Jahre in Ungarn und fristete lange Jahre ein klägliches Dasein auf dem Hinterhof eines Schrottplatzes. Ein ehemaliger Mechaniker des Team VOLAN hatte das Fahrzeug übernommen, nachdem es auf den Rallyepisten im Ostblock nicht mehr konkurrenzfähig war. Die ehemalige 9846HL76 erlebte unter ihm eine wahre Metamorphose und wurde allerlei technischen und optischen Modifikationen unterzogen. Letztendlich wurde sie vom damaligen Besitzer ebenfalls ausgemustert und sah nur notdürftig gegen Witterungseinflüsse geschützt, einem ungewissen Schicksal entgegen. Dieses trostlose Dasein sollte ein Ende finden. Ich spürte das Fahrzeug in Ungarn auf, konnte es erwerben und überführte es nach Deutschland, womit die seither fälschlichen Publikationen nun ihrer Richtigkeit zugeführt wurden.



IDENDITÈ DE LA BELLE

Freigelegt unter einer dicken Schmutzschicht, kommen die magischen Zahlenkombinationen ans Tageslicht. Bingo!

Die Serien-Nummern auf den Plaketten identifizieren diese Berlinette als echten Werkswagen.



 

BLOOD SWEAT AND TEARS

 

DEMONTAGE

OKTOBER 2008


INKOGNITO

Als ich die 9846HL76 in Ungarn übernahm, war auf den ersten Blick nahezu keine Verbindung zu ihrer Herkunft, als auch zu ihrer Vorgeschichte erkennbar. Hoffnungslos modifiziert und in ungarische Nationalfarben gehüllt, gaben nur die unter einer dicken Schmutzschicht verborgenen Typenschilder Gewissheit darüber, welchen Ursprung und Geschichte diese Berlinette in sich trägt.

Jahrelang war sie hinter dem eisernen Vorhang im Inkognito Modus unterwegs und verbarg ihr wahres Gesicht hinter Spoilern und unter unzähligen Lackschichten. Stück für Stück gab sie jedoch beim Zerlegen ihr Geheimnis preis, in dem unverkennbare Fragmente ihrer ehemaligen Werkslackierung unter ihrer Verkleidung zum Vorschein kamen.

Die Substanz des Fahrzeuges war deutlich schlechter, als es der erste Eindruck vermuten ließ. Die Entdeckungen während der Demontage ließen keinen Zweifel daran aufkommen, dass diese Berlinette in ihren Rallyeeinsätzen hart ran genommen wurde. Es traten jedoch im Gegenzug viele Details und Eigenheiten einer Werks-Alpine zu Tage, welche zuvor nie gesehen, einen kleinen Einblick darüber offenbarten, welche Besonderheiten die Mechaniker in der Motorsportabteilung von SERVICE COURSES einer Werksalpine in 1973 zu Teil werden ließen.



 


KAROSSERIEARBEIT

NOVEMBER 2008


KÖRPERSPRACHE

Die Arbeiten am Polyesterkleid gestalteten sich endlos, Dreck und Staub drang in alle Ritzen und überzog Werkstatt und Inventar mit einer feinen Staubschicht. Meine Geduld und Leidensfähigkeit wurden auf eine harte Probe gestellt, aber Abkürzungen oder Kompromisse waren keine Option, auf dem Weg zur Wiederherstellung des Originalzustandes.

Erklärtes Ziel war, ein Maximum der Originalsubstanz zu erhalten. Man kann es jedoch drehen und wenden wie man möchte, irreparable Sektionen der Karosserie mussten abgetrennt und durch Neuteile ersetzt werden.

Harter Werkseinsatz auf den Rallyepisten, Modifikationen und unsachgemäße Reparaturen forderten nun ihren Tribut

und wollen richtig gestellt werden.

Der ursprünglich ab Werk montierte flexible Flugzeugtank musste einer mehr oder weniger baugleichen Version aus Aluminium weichen. Ich habe mich diese Hardware Version entschlossen - zu unsicher erschien mir die flexible Software Variante aus Gummi im Bezug auf Haltbarkeit und technischer Abnahme.

Als alle Arbeiten an der Karosserie abgeschlossen waren, erhielt sie Antriebseinheit und Fahrwerk zurück, sodass sie auf eigenen Rädern aus der Werkstatt rollen konnte.



 

CHASSIS


STAHLWERK

Auf den ersten Blick nichts Besonderes, sollte man meinen. Bei genauerem Hinsehen jedoch, zeigen sich viele kleine Modifikationen zum Serien Chassis. Gekröpfte Rohre um Platz in den vorderen Radhäusern zu schaffen, Schnellwagenheber hinten, angeschweißter Halter für den Kühlwasserbehälter, sowie hier und dort angeschweißte Bleche zur Verstärkung des Chassis.



 

LACKIERUNG

DEZEMBER 2009


FARBENSPIEL

Die Riege Renault wartete im Weltmeisterschaftsjahr 1973 mit einer neuen Kriegsbemalung für die Einsatzfahrzeuge auf. Diese galt es in Form, Farbe und Design authentisch wieder herzustellen.

Die entsprechenden Farbe Codes waren natürlich nicht ohne weiteres verfügbar, was das Unterfangen selbige ausfindig zu machen etwas komplizierte. „Bleu Caddy“ war die genaue Bezeichnung des Blautones, eine Farbkennung gab es jedoch nirgends. So blieb nur die aufwändige Rekonstruktion des Farbtones Anhand von vorhandenen Farbfragmenten mittels eines Scanners.

Anhand von historischen Fotodokumenten wurden die Dimensionen der verschiedenen Farbapplikationen akribisch auf die zu lackierenden Flächen übertragen. Eine Nerven aufreibende und zeitraubende Angelegenheit, das Ergebnis jedoch entschädigt.



 

REMONTAGE

JANUAR 2010

MATERIALMIX

Die Karosserie erstrahlt in der landläufig „Tour de Corse" genannten Farbkombination und der lang ersehnte Moment des Zusammenbaus ist gekommen. Auch die trickreiche Lackierung des Armaturenbretts mit Reißlack, französisch „Peinture Craquelée“ genannt, erforderte einige Versuche, um den gewünschten Effekt zu zeigen.

Die Schichtdicke des Lacks sowie dessen Trocknungszeit haben nicht unerheblichen Einfluss auf die Struktur der "Lederoptik", weshalb das Verarbeiten der Komponenten größtmögliche Sorgfalt erfordert.


Das Interieur spricht Bände von Rallyes durch Schlamm, über Geröll und Schotter und durch tiefe Wälder Österreichs.

Es besteht zum Großteil lediglich aus leichtem grauen Filz, nur an den Türschwellern kam das vom Serienfahrzeug bekannte abgesteppte Kunstleder zum Einsatz. Da jedes Fahrzeug marginale Abweichungen in Form und Größe mit sich bringt, ist das vorherige Anfertigen von Schablonen aus Pappe für die Innenausstattung unerlässlich.

Auch die Helm Box aus Sperrholz wurde originalgetreu nachgefertigt und findet auf der Fläche über dem Zentraltank ihren angestammten Platz.

Die Instrumente des Armaturenbretts bieten einen Materialmix vom Feinsten. Mechanischer Drehzahlmesser von SMITHS, Geschwindigkeitsanzeiger von VEGLIA BORLETTI sowie JAEGER Rundinstrumente für die Anzeige von Öldruck, Öltemperatur, Wassertemperatur und Amperemeter. Ein HALDA Tripmaster sowie die sündhaft teuren, aber wunderschönen HEUER Rallye Timer vervollständigen das fast ein wenig überladen wirkende Gesamtbild.



 

BACK ON TRACK

 

FÃœR KURVEN GEMACHT

JULI 2011


FLAT OUT

Die Alpine A110 wurde, wie ihr Name schon assoziiert, für kurvenreiche Berg- und Talstrecken konzipiert. Hochgeschwindigkeitspisten mochte sie nicht, ihr nahezu nicht existenter Geradeauslauf bei hohen Geschwindigkeiten trieben ihrem Fahrer Schweißperlen auf die Stirn. Ihr geringes Fahrzeuggewicht, ein niedriger Schwerpunkt sowie zierliche Dimensionen jedoch, führten zu exzellenten Fahrleistungen und nahezu unschlagbarer Agilität.

Ausgestattet mit einem günstigem Leistungsgewicht, gepaart mit einem versierten Fahrer, lehrte sie auch deutlich leistungsstärkeren Konkurrenten das Fürchten, welche die Alpine meist nur von hinten zu Gesicht bekamen.

Auf kurvenreichen Strecken konnte sie ihre Trümpfe ausspielen - spät auf der Bremse, früh auf dem Gas und meist quer durch die Kurven, so war es den Rivalen ihrer Zeit oft unmöglich, an ihr vorbei zu ziehen.

Lediglich ihre mangelnde Zuverlässigkeit zwang sie zu oft zur Aufgabe, da Antriebsstrang und Getriebe nicht mit der stets ansteigenden Motorleistung Schritt halten konnten.




 

GET OUT AND DRIVE

 

10 GEBOTE

NOVEMBER 2018


Eine Alpine A110 ist nicht für jedermann, es gibt hundert Gründe sich für, und genauso viele sich gegen eine Alpine A110 auszusprechen. Doch wer sich ihr zuwendet wird nicht enttäuscht, ist jedoch geboten bestimmte Tugenden zu pflegen. Zu den zehn Geboten für ein glückliches Zusammenleben gehören Faszination, Geduld, Leidenschaft, Nachsicht, Zuversicht, Hingabe, Lebensfreude, Hartnäckigkeit und Fahrkönnen, sowie die Aneignung essentieller Französischkenntnisse.

Das hier präsentierte Exemplar einer Werks-Alpine A110 ist aus einer Ruine wieder auferstanden und präsentiert sich nach vollendeter Restauration im Kleid der originalen Werkslackierung im Design der österreichischen Alpenfahrt 1973, mit welcher sie im selben Jahr den erstmalig ausgeschriebenen Weltmeistertitel nach Frankreich holen konnte.


Bei ausgesuchten historischen Motorsport- Veranstaltungen soll sie nun zukünftig Präsenz zeigen und die Marke Alpine Renault im vielfältigen Starterfeld klassischer Sportwagen würdig vertreten. Schlamm und Schotterpisten sollen ihr fortan erspart bleiben.




© GionnoTV


 

CAR IN DETAIL

 

ARISTOTELES HATTE RECHT


Wer sich den Details einer Werks-Alpine A110 widmet, stößt auf seiner Reise auf Überraschendes. Fensterkurbel einer Floride, Scheibenwischer einer Caravelle, Haltegriffe eines R8, Benzineinfüllstutzen eines Hubschraubers, Spritzdüse eines Mercedes Benz, Öleinfüllstutzen einer 2CV "Ente", Kontrollleuchte eines Citroen DS, ein englischer Drehzahlmesser und im Cockpit ein Mix aus italienischen und französischen Rundinstrumenten.

Liebevoll verteilte Kunstwerke, oder wahllos verwendete Stücke eines Ersatzteillagers? Es kommt auf die Perspektive an.

Das Ganze ist eben mehr, als nur die Summe seiner Teile.


© Remi Dargegen / Jonas Greiner


 

RACING / CONCOURS

 

Circuit des Remparts d’Angoulême 2014

Auf den Spuren von Juan Manuel Fangio und Michel Vaillant


La Retour au Circuit des Remparts d’Angoulême 2014

Angoulême ist eine jene Städte im Südwesten Frankreichs an denen der frankophile Reisende nicht vorbeikommt.

Ob Geschichte, Kultur, Lebensart oder Landschaft, das Perigord bietet alles was das Herz begehrt. Charme und Atmosphäre hatten uns bereits 2009 so beindruckt, dass wir schnell unsere bittere Erfahrung überwunden hatten. Wir waren fest entschlossen an den Ort des Geschehens zurückzukehren. Und wer im Rennkalender für seinen automobilen Rennklassiker nach einer Veranstaltung mit unverwechselbarem Charakter sucht, wird feststellen, es gibt es nur wenig Alternativen.

In den Strassen von Angoulême wurden wir sehr schnell an unsere Jugend erinnert. Angoulême gilt als die heimliche Hauptstadt des Comic Strips: seit 1974 wird hier das Internationale Comics Festival veranstaltet und Wandmalereien mit Comics Helden sind in der Stadt allgegenwärtig. Rennfahrer war als Kind unser Traumberuf und wir konnten es kaum erwarten bis endlich wieder eine neue Geschichte unseres Comic Rennhelden Michel Vaillant erschien.

Im Jahr 1939 wurde zum ersten Mal in Angoulême ein Autorennen ausgetragen. Jean-Pierre Wilmille und Maurice Trintignant sorgten dafür das mehrere zehntausend Zuschauer die Straßen an jenem warmen Tag säumten; eine leichte Brise lies die Fahnen im Wind wehen und sorgte für eine willkommene Erfrischung. Rennfahrer in ihren leichten Rennoveralls mit Lederkappen rasten durch die Häuserschluchten dieses einmaligen Stadtkurses. Zuschauer mit Anzug und Krawatte und elegant gekleidete Frauen auf den errichteten Tribünen, direkt an der Strecke hinter Strohballen oder auf den Naturhängen, komplettierten das Schauspiel der besonderen Art.


Es sollte zunächst bei diesem einen Rennen bleiben, denn schon bald wurde man von der Realität eingeholt, als die Politik die Welt in ein weiteren grausamen Krieg stürzte. Erst 1947 gab es eine zweite Auflage. Diesmal mit den bekannten Landeshelden Amédée Gordini und René Bonnet. Danach folgten drei weitere Veranstaltungen in den Jahren 1949 bis 1951. Besonders das Auftreten der Scuderia Ferrari und der Sieg Juan-Manuel Fangios auf Maserati fand in den Geschichtsbüchern Erwähnung. 1955 fand das sechste und letzte Rennen in Angoulême statt.



IMMER VAN DER WAND ENTLANG


Soviel zur Geschichte, nun zur Gegenwart. Doch was hat sich geändert zu 1939? Eigentlich nicht viel. Der Kurs durch die Stadt ist der gleiche, die Kathedrale thront seit hunderten Jahren über der Stadt und bildet zusammen mit den alten Stadtmauern eine herrliche Kulisse. Tatsächlich geben diese Stadtmauern dem Kurs seinen Namen: Circuit des Remparts bedeutet so viel wie Rennen zwischen den Mauern. Auch bei den Häusern im Stadtkern und entlang der Strecke scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Türen, Fensterläden, Eisengitter, und Hausputz stehen in der Patina vielen Veteranen-fahrzeugen in nichts nach. Die Tribüne direkt neben der Kathedrale bietet weiterhin einen tollen Blick auf die letzte Kurve vor Start und Ziel und die lange Gerade.

Lediglich die Zuschauer sind heute viel bunter und lockerer gekleidet, das Gelände ist von Zäunen eingeschlossen und Strohballen sind aus Sicherheitsgründen stabilen Leitplanken gewichen, die zur Veranstaltung an und wieder abgebaut werden. Sicherlich ein unschöner Kontrast zur sonst malerisch historischen Kulisse, aber ohne diese Massnahmen hätte der Stadtkurs sicher keine Freigabe erhalten.



CONCOURS FÃœR MENSCH UND MASCHINE


Wir reisen frühzeitig an. Um schnell Abstand vom grauen Alltag zu gewinnen und uns auf das bevorstehende Ereignis einzustimmen, quartieren wir uns in einem nahegelegenen Château ein und genießen die französische Lebensart.

Unsere Alpine 1800 Gruppe 4, ex-Werkswagen des Rallye-Weltmeisterschaftsjahres 1973, ist bestens vorbereitet und wird am Sonntag in einem Sonderlauf für Alpine teilnehmen. Die Klasse ist nach Jean-Pierre Nicolas benannt und deutet daraufhin, dass nur ehemalige Rennwagen der französischen Rennfahrerlegende zugelassen sind.

Überhaupt stand dieses Jahr ganz im Zeichen von Alpine. Die Marken-Enthusiasten Patrick Fourestié und Jean-Luc Fournier hatten mit Unterstützung von Renault eine beeindruckende Alpine-Präsenz organisiert.

Am Freitag wird ein Spektrum der Alpine Modell Palette am Concours d’Elegance teilnehmen, an der Markthalle unweit der Strecke wird eine Sonderausstellung für Alpine auch seltene Rennboliden die Besucher in ihren Bann ziehen, und die Rennteilnehmer dürfen ihre Alpine Berlinetten im Innenhof des Hotel de Ville stationieren.

Der Freitag Abend steht ganz im Zeichen des Concours d’Elegance auf dem Platz Champs de Mars. Jeder Teilnehmer hat die Gelegenheit sein Fahrzeug der Jury zu präsentieren. Noch während der Aufstellung auf dem Platz bekommen wir hohen Besuch von Bernard Ollivier. Höchstpersönlich begutachtet der Alpine-Chef alle Details der perfekt restaurierten Berlinette und lässt sich Besonderheiten erläutern.

Als unsere Alpine 1800 an der Reihe ist, bieten wir den zahlreich erschienenen Zuschauern ein kleines Rallye Spektakel. In zeitgenössischer Rallyekleidung improvisieren wir auf der Bühne im Rampenlicht eine Kontrollpunkt Szene, springen aus dem Fahrzeug, prüfen unter anderem Scheinwerfer und Motor, bevor es ganz schnell wieder auf die Piste geht.

Jean-Luc Therier, ex-Pilot dieser Werks Alpine, wäre sicher stolz auf uns gewesen. Aber auch dem Publikum und der sachkundigen Jury gefällt unser Auftreten. Die Berlinette gewinnt die Klasse mit einem Sonderpreis. Auch die anderen Teilnehmer glänzen nicht nur mit tollen Fahrzeugen, sondern auch mit zeitgenössischen Kostümen.

Ein gelungener Start ins Wochenende.


© Phillipe B., Kevin Goudin


AUS SPASS WIRD ERNST


Wir hatten ausreichend Gelegenheit die Umgebung zu erkunden. Ein Nachmittag am Atlantik, ein Besuch in Cognac oder eine Weinprobe auf dem Château Tiregand der Familie Saint-Exupéry im Bergerac, doch galt es am Renn-Sonntag voll konzentriert zur Sache zu gehen. Am Vormittag entschieden die Trainingsläufe die Startaufstellung für das Rennen, das am Nachmittag anstand.

Mittlerweile fühlten wir uns im Innenhof des Hotel de Ville in der Alpine Familie sehr heimisch und schlossen neue Freundschaften. Doch beim Begutachten der Konkurrenz wurde uns schnell klar, dass im Vergleich zu unserem ersten Auftreten das technische Niveau dramatisch angehoben wurde. Während wir vor fünf Jahren mit unserer 1300 S für Furore sorgten, waren diesmal festentschlossene Gentlemen Racer mit richtig aufgebohrtem Material vor Ort!

Allen voran Alain Serpaggi, ehemaliger Alpine-Werksrennfahrer, mit der originalen Renn-Alpine aus der Renault Collection mit 16 Ventil Gordini-Motor! Hier wird scharf geschossen. Doch wir sind bereit: Wie Lucky Luke satteln wir Jolly Jumper für den Ritt durch die Häuserschluchten mit dem guten Vorsatz den Kopf einzuziehen, wenn es brenzlig wird. Die Strecke ist gerade mal knappe eineinhalb Kilometer lang und geht rauf und runter, rechts und links und mit all den Rennkollegen um sich herum kann es ganz schön eng werden. Besonders die Haarnadelkurve um den Kastanienbaum ist kritisch; hier bremst man am Ende der langen Gegengeraden das Rennfahrzeug brutal herunter, um dann wieder auf dem Weg nach oben zur Kathedrale zu beschleunigen.


Am Vorstart zum Trainingslauf reihen wir uns hinter Alain Serpaggi und Gérard Besson ein, so haben wir die beiden Favoriten im Visier. Doch ungewollt finden wir uns als Letzter in der Reihe wieder und dies bedeutet für uns einen unerwarteten Nachteil.

Das Feld kommt bereits aus der ersten Runde zurück. Erst recht spät tut sich eine Lücke auf und wir werden auf die Strecke gelassen. Als wir endlich den Rhythmus finden, ist die Sitzung und damit auch die Gelegenheit eine gute Startposition für das Rennen zu erkämpfen, schon vorbei. Das Training wird sofort abgebrochen als unser Freund Jean-Marie Bracq mit seiner zwei-Liter motorisierten A110 in der Carnot, der Linkskurve nach der Startgeraden, ungebremst in die Leitplanke einschlägt. Helfer bergen Jean-Marie aus den Trümmern und bringen ihn mit schwersten Verletzungen in kritischem Zustand in das Krankenhaus. Dieser fürchterliche Unfall lässt uns alle sehr nachdenklich werden und zeigt unmissverständlich auf, dass ein solcher Stadtkurs und historischer Motorsport im allgemeinen ein hohes Risiko bergen.


Als wir uns am Nachmittag zur Startaufstellung begeben, tummeln sich mittlerweile rund 30.000 Besucher rund um den Circuit in der Stadtmitte. Wir gehen selbstbewusst an den Start, die Alpine läuft phantastisch, absolut problemlos.

Der Plan ist, durch einen Blitzstart verlorenes Terrain sofort gutzumachen, um so eine gute Ausgangsposition für den weiteren Verlauf des Rennens zu schaffen.

Wie gebannt starren wir auf den Starter, die Trikolore nach unten gesenkt in der Hand, wird er in wenigen Augenblicken den Start freigeben. Plötzlich und dann doch sehr überraschend, reißt der Starter die Fahne nach oben und die Alpine Meute wird auf die Reise geschickt.




IMMER AN DER WAND ENTLANG


Tatsächlich erwischen wir einen sehr guten Start, machen zwei Plätze gut, reihen uns auf Rang sechs ein und versuchen zunächst diese Position zu verteidigen. Von Pole Position gestartet, enteilt Alain Serpaggi unangefochten einem Start-Ziel Finish entgegen. Wir dagegen sind von dem Tempo, das unsere französischen Freunde vorlegen ziemlich beeindruckt. Das hatten wir so nicht erwartet.


Unser Puls stabilisiert sich und das Gefühl, dass unsere Alpine vermittelt, ermutigt uns nun zu forscherer Gangart.

Wir machen auf Christian Chambord Boden gut und es gelingt uns, die wunderschöne Werks-Alpine 1800 am tiefsten Punkt der Strecke zu passieren. Schon bald realisieren wir, dass die aufgezogenen Michelin TB15 heute nicht die beste Wahl sind. Die weiche Gummimischung beginnt auf aufgrund der hohen Außentemperaturen auf der Hinterachse zu schmieren und wir haben nun große Mühe in den engen Kehren von Angoulême unsere Berlinette auf Kurs zu halten.

Am Ausgang der Kurve auf die Zielgerade touchieren wir gar mit dem linken Kotflügel die Streckenbegrenzung.

Nur mit viel Glück verhindern wir größeren Schaden, den ein Einschlag in die im Boden verankerten Stahlträger verursacht hätte.


Nach dieser Schrecksekunde machen wir uns auf die Jagd nach Michel Mondy. Rundenlang kleben wir förmlich an der Stoßstange seiner Alpine 1800 BIS. Mehrfach machen wir den Versuch ihn auszubremsen, doch unsere Berlinetten erweisen sich als ebenbürtig und die Zielgerade als zu kurz. Wir bleiben auf Tuchfühlung und warten auf unsere Gelegenheit, als plötzlich am Ende der Zielgerade beim Anbremsen der Carnot die Differentialsperre uns in eine heikle Situation versetzt. Die Räder der Hinterachse blockieren und unsere Berlinette dreht sich um die eigene Achse!

Mit Mühe können wir einen Einschlag in die gerade erst gerichteten Leitplanken verhindern. Kaum wieder in Fahrtrichtung, nehmen wir das Rennen ohne Platzverlust wieder auf. Michel Mondy ist jedoch weit enteilt und wir beschränken uns darauf, die Verfolger Christian Chambord und Phillipe Tollemer auf Distanz zu halten.


Mit ein bisschen Glück und einem besseren Startplatz hätte es sicher für das Podium und die Siegerehrung gereicht, so enden wir auf dem fünften Rang und sind am Ende dieses aufregenden Rennens doch heilfroh, unsere Berlinette (fast) unbeschadet ins Ziel gebracht zu haben.


Mit Wehmut nehmen wir in der Nacht Abschied und begeben uns auf die Rückreise. Wir blicken auf eine ereignisreiche Woche zurück. Eine Woche so intensiv erlebt wie damals tief versunken im neuesten Abenteuer von Michel Vaillant.


Wir freuen uns auf ein Wiedersehen in Angoulême!


Text & Illustrationen: Jörg D. Brosowski



 

Concorso d’Eleganza Villa d’Este

20.-22. Mai 2016

BACK TO THE FUTURE - THE JOURNEY CONTINUES


Alljährlich im Mai trifft sich die Hautevolèe der internationalen Automobilszene beim Concorso d'Eleganza Villa d'Este am Ufer des Comer Sees.


In der Kategorie „Hero`s of the Special Stage“ fanden erstmalig auch ehemalige Rallyefahrzeuge beim Stelldichein hochwertigster klassischer Automobile Berücksichtigung.

Wir scheuten keine Kosten und Mühen und reihten unsere Berlinette ein, zwischen die schönsten und elegantesten Automobilklassiker der Welt.


In der Kategorie „Concept Cars“ sorgte ALPINE mit ihrem äußerst gelungenen Coupè „Alpine Vision“ für Aufsehen. Ein Zusammentreffen beider Fahrzeuge zu einem Fotoshooting war die logische Konsequenz am Rande dieser prestigeträchtigen Veranstaltung.



© Antony Villain, Remi Dargegen


© Jörg Brosowski

 

AROSA CLASSIC CAR 2017



 

PISTA & PILOTI 2021


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